4 Tipps für fetten Gitarrensound zuhause

Wir Gitarristen kennen das wohl alle: Man hört einen coolen Song und die Gitarre klingt super voluminös, voll und fett.

Dann lernen wir das Riff oder vielleicht sogar den ganzen Song und spielen so gut wir können, doch es klingt im Vergleich immer etwas dünn und kraftlos. Manche sind dann enttäuscht und verzweifelt – eigentlich zu unrecht. Denn es ist ein sehr unfairer Vergleich: Nicht nur treten wir hier gegen die Profis an, wir vergleichen auch das Spielen zuhause mit einer Studioproduktion.

Im Studio wird von Spezialisten viel Zeit und Arbeit investiert, damit das Ergebnis so toll klingt wie wir es dann am Ende hören. Nicht nur, dass die Band evtl. mehrere Gitarristen hat, typischerweise wird auch der einzelne Gitarrenpart im Studio doppelt oder noch mehrmals aufgenommen (Double-Tracking) und später zusammengemischt. Durch die kleinen Spielunterschiede ergibt sich ein viel dickerer Sound. Dazu kommen auf den jeweiligen Spuren dann auch noch unterschiedliche Verstärker, EQs, Kompressoren usw. – die ganze Palette der Studiotechnik. Mit nachträglichen Overdubs kann der Gitarrist sogar später noch Details ergänzt, sie einfach „oben drauf“ spielen. Am Ende entsteht ein toller Sound, den selbst die original Band live nicht genau nachbilden kann – geschweige denn mal eben beim Üben zuhause.

Doch wir wollen uns nicht entmutigen lassen. Ein fetter Gitarrensound soll her. Die Frage ist: Was können wir zuhause, mit überschaubarem Aufwand dafür machen. Das Ziel ist beim Sound zumindest so weit mithalten zu können, dass er uns beim Spiel nicht bremst sondern antreibt. Hier ein paar Tipps dazu, was man machen kann mit meinem aktuellen Kellerstudio-Setup als Beispiel.

1. Reverb und Delay

Dies ist vermutlich der Klassiker, den fast jeder benutzt und der daher auch in vielen Verstärkern gleich eingebaut ist. Ein bisschen Reverb und die Gitarre klingt nicht mehr so trocken, sondern bekommt Raum. Etwas Delay beim Solo und es klingt gleich wesentlich voller. Bei beidem darf man allerdings nicht übertreiben, sonst wird es matschig. Es entsteht dann ein Klangbrei in dem das eigentliche Spiel untergeht. Vor allem wenn man in Richtung schneller Metalgitarre geht, ist hier bei ein wenig Reverb schon Schluß.

Ich verwende derzeit den eingebauten Reverb (eine eher kleine Halle) meines zweiten Verstärkers (dazu unten mehr). Dies aber relativ dezent, da dieser Reverb immer angeschaltet ist, auch bei schnellen Metal-Rhythmus, und da nicht matschen soll.

2. Gain Stacking

Auf diese Möglichkeit bin ich erst kürzlich durch ein Andertons Youtube Video gestoßen. Wenn man mit Verzerrung spielt, dann hat jede Verzerrung, egal ob sie vom Röhrenamp oder einem Overdrive- oder Distortion-Pedal kommt, ihren eigenen Charakter. Akustisch betrachtet ist es neben dem jeweiligen EQ / Frequenzgang vor allem die Zusammensetzung der bei der Verzerrung generierten Obertöne, welche diesen Charakter bestimmen. Wenn man nur mehrere unterschiedliche Verzerrungen hintereinander schaltet, fügen sich die Obertöne zusammen. Wenn man bei diesem Gain Stacking die richtigen Kombinationen verwendet, ergibt sich am Ende ein dickeres Oberton-Spektrum und damit der fettere Sound.

Sicher ist dies eine ziemlich aufwendige Methode die auch viel Ausprobieren erfordert. Vor allem muss man aufpassen, dass es am Ende nicht einfach zu viel Gain wird, denn damit stört man das eigene Gitarrenspiel dann wieder auf andere Weise. Wenn man aber ohnehin unterschiedliche Pedal zuhause liegen hat, kann man sich hiermit auf eine spannende Reise begeben. Wichtig zu beachten dabei ist: der letzte Verzerrer in der Reihe beeinflusst den Klang am meisten.

Zerrpedale auf meinem Pedalboard

Bei mir sind ein paar verschiedene Overdrive auf dem Pedalboard. Grundlage ist immer ein guter Crunch-Ton vom Verstärker, in meinem Fall ein Laboga The Beast (15 Watt Combo mit Klang in Richtung Marshall) mit Gain bei ca. 12 Uhr. Dazu kommt für mehr Gain in Richtung Metal ein KHDK Ghoul Screamer hinzu (eine Art Tube Screamer der den Bass straff macht) und für mehr Sahne bei Soli gerne noch ein Greenhouse Effects Golddrive (geht in Richtung Klon Centaur und puscht die Mitten).

3. Unterschiedliche Lautsprecher

Wenn man sich mit dem Sound der E-Gitarre beschäftigt, kommt man nicht umhin, den großen Einfluß der Box zu betrachten. Jeder Lautsprecher hat seinen eigenen Charakter, indem er bestimmte Frequenzen betont und andere eher schwach wiedergibt. Wenn man nun zwei unterschiedliche Lautsprecher kombiniert, bekommt man einen anderen Sound, der meist fetter klingt als zwei gleiche Speaker. Natürlich ist es wie immer eine Frage des persönlichen Geschmacks, welche zwei (oder mehr) Lautsprecher gut zusammenpassen. Hier hilft mal wieder nur das eigene Ausprobieren. Wichtig ist dabei, dass auch das verwendete Lautsprechergehäuse einen großen Einfluss auf den Klang hat. Auch der Raum und die Aufstellung der Box spielen natürlich eine Rolle.

Zwei 1×12″ für meinen Laboga The Beast

Hier habe ich einerseits den Celestion Century Vintage im Laboga gegen einen Celestion Century Vintage ausgetauscht. Dazu kommt noch ein Celestion V30 in einer zusätzlichen Laboga 1×12″ Box. Die sägenden Mitten des V30 bringen dabei deutlich mehr Fülle zu dem eher ausgewogenen und bassstraffen Century Vintage.

4. Zwei Verstärker parallel

Es zieht sich wie ein roter Faden durch diesen Artikel, dass man etwas hinzufügt um mehr Fülle zu bekommen. Am meisten bringt da ein zweiter Verstärker – natürlich mit seiner eigenen Box. Und dabei sollte es sich um ein anderes Modell handeln als der erste Verstärker und am besten auch eine andere Box bzw. ein andere Lautsprecher. Ein Stück weit ist es die Kombination von zwei unterschiedlichen Overdrive und zwei unterschiedlichen Lautsprechern. Zwei Verstärker mit eigenen Boxen bringen aber noch mehr, denn die beiden Boxen kann man getrennt im Raum aufstellene, z.B. rechts und links und bekommt so eine Art Stereosound. Da ist sicher nicht so fett wir zwei Gitarristen oder ein Double Tracking bei der Aufnahme, aber doch eine Menge. Dabei braucht der zweite Verstärker gar kein besonders tolles Modell zu sein. Wenn man ihn einen Tick leiser einstellt als den ersten, füllt er den Raum nur mit mehr Sound ohne den Grundcharakter zu sehr zu ändern.

Blackstar Modeller links, Laboga Röhrenverstärker rechts

Mein Laboga mit den beiden Celestion 1×12″ Boxen steht rechts und ist mein Hauptverstärker. Links steht ein Blackstar ID:15 TVP Modelling Verstärker mit nur 1×10″, von der Lautstärke her ist er ähnlich. Ihn habe ich auch auf einen Crunch eingestellt, aber etwas mehr in die amerikanische Richtung und mit 6L6 Röhrensimulation für die Endstufe. Die Pedale gehen in beide Verstärker. Als Signalsplitter dient ein TC electronic Dreamscape, dass Mono In – Stereo Out unterstützt und nur hin und wieder bei Clean Passagen einen Chorus als Effekt beisteuert. Die beiden Verstärker füllen den Raum wirklich sehr gut mit einem fetten Gitarrensound. Und klanglich ergänzen sie sich prima, bei Rock und Soli ist der etwas lautere und dynamischere Laboga Röhrenverstärker klar im Vordergrund, bei Metal Riffs kommt die amerikanische Seite deutlicher durch, macht es bassiger und straffer.

Fazit

Man kann eine Menge machen um den eigenen Gitarrensound fetter zu bekommen. Teilweise benutzt man ohnehin vorhandene Varianten (von Overdrives), meist fügt man etwas zweites hinzu (zweiter Overdrive, zweiter Lautsprecher, zweite Box, zweite Verstärker). Wie immer zählt nur das eigene Ohr und dementsprechend ist viel Ausprobieren notwendig. Ich bin mit meinem aktuellen Ergebnis derzeit sehr zufrieden.

Wie bekommst du deinen Sound fett? Ich freue mich auf Ideen in den Kommentaren.

Ein Kommentar

  1. Schöne Aufzählung. Es ist doch wirklich die Krux eines jeden Gitarristen: Legendärer Sound XYZ ist das präferierte Soundideal. Und irgendwie kommt man nie nah genug ran. Gerade am Anfang SEHR frustrierend. Gut, da sind es oft Finger, falsche Technik und fehlendes technisches Wissen (Wann drehe ich was am EQ?), die da rein spielen.
    Aber gerade später, wenn man spielen kann und auch versteht wie genau das gitarristische Vorbild die Passage spielt (Stichwort: Lage) kann es einfach nur frusten.
    Da wird im Studio gemixt und gereamped was das Zeug hält. „Früher“ konnte man noch auf Liveaufnahmen der jeweiligen Bands gehen, die dann oft auch eher unspektakulär im Vergleich zum Album klangen. Heutzutage werden auch Liveaufnahmen nochmal glatt gebügelt oder zu gewissen Teilen neu eingespielt.

    Mein Fazit: Gar nicht erst versuchen sondern was eigenes machen. Auch wenn es manchmal weh tut seinem idol nicht nacheifern zu können!

    P.S.: Ich finde es schön, dass Du einen kleinen Modeling-Combo zum Laboga nutzt. Ich habe den ID30TVP und kann eigentlich auch nicht klagen über irgendwelche schlechten Sounds.

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