Immer eine Steckdose zu benötigen um laut zu spielen ist unpraktisch. Zum Üben bieten sich kleinen Gitarrenverstärker mit Akkubetrieb an.
Ich hatte am Anfang meiner Gitarrenlaufbahn einen Yamaha THR10X, der im Klang und von den Möglichkeiten durchaus überzeugend war. Mit 300,- EUR ist er aber auch nicht ganz billig. Außerdem wäre eine etwas kleinere Lösung schön, wenn bei einer Flugreise nur noch wenig Platz im Koffer ist. Also habe ich mich eine Klasse weiter unten umgesehen, bis ca. 100,- EUR. Anhand der gängigen Testberichte wurde der Boss Katana Mini und der Laney Mini-St-Iron meine Kandidaten. Hier mein Eindruck von den beiden – im Vergleich.
Erster Eindruck
Obwohl der Laney etwas kleiner und billiger ist, wirkt er deutlich hochwertiger. Das liegt daran, dass er mehr wiegt, aber auch daran, dass die Potiknöpfe größer und hochwertiger sind und auch weicher laufen. Mit zwei Ausnahmen: Die Klappe des Batteriefachs ist etwas klapperig und für den Delay-Level gibt es nur einen Mini-Poti. Trotzdem hat man insgesamt den Eindruck einen extrem kleinen, aber doch richtigen Gitarrenverstärker vor sich zu haben.
Beim Katana hingegen wirkt alles etwas billiger, ein wenig nach Spielzeug. Der Griff ist praktischer und das geringere Gewicht beim Tragen nicht schlecht, aber hochwertig fühlt er sich leider nicht an. Schade ist auch, dass es keine kleinen Kontrollampe für den Betrieb gibt, so bleibt er evtl. aus versehen angeschaltet und die Akkus sind dann irgendwann leer. Allerdings rauscht er auch etwas, was dies Problem vielleicht verhindern kann.
Ausstattung und Bedienung
Der Laney kennt Clean und Overdrive, für beide Kanäle / Modi gelten alle Regler: Gain, Level, Tone, Delay-Level, Delay-Time und Master. Schade ist, dass der Delay-Level Regler kleiner ist als die anderen, das macht ihn schlecht bedienbar und schlecht ablesbar. Alle anderen Regler funktionieren sehr gut und machen genau das was sie sollen. Das Gain bekommt den Clean Kanal in den leichten Crunch, im Overdrive von Crunch bis Rock-Rhythm. Für einen fetten Lead-Ton oder Metal ist es mir allerdings zu wenig Gain. Der Tone-Regler funktionert gut und nimmt Höhen rein oder raus. Bass oder Mitten kann man aber leider nicht einstellen. Hier hätte ich mir zumindest einen Zweiband EQ mit getrennten Reglern für Bass und Treble gewünscht. Dafür hätte Laney den Level Regler weglassen können, denn sein Effekt ist kaum anders als der des Masters. An Anschlüssen gibt es neben dem Input, Aux-In, Kopfhörer-Out und LSI, alles an der Oberseite bei den Reglern und gut erreichbar. LSI soll eine Verbindung mit speziellen Smartphone Apps ermöglichen, ich habe das nur kurz versucht, aber nicht hinbekommen.
Boss hat dem Katana etwas mehr Ausstattung spendiert. Man darf ihn trotzdem nicht mit einem Katana 50 oder 100 verwechseln. Im Gegensatz zu den großen Namensbrüdern unterstützt hier kein DSP-Chip den Klang, sondern es ist ein einfacher Transistorverstärker. Daher gibt es genau wie bei Laney auch hier an Effekten nur ein Delay mit Time und Level. Der Katana bietet keinen Master sondern nur Gain und Volume, dafür aber einen effektiven Dreiband-EQ mit Bass, Middle und Treble, der sehr beim Einstellen hilft. An Kanälen / Modi bietet er Clean, Crunch und Brown. Im Vergleich hat Crunch weniger und Brown mehr Gain als der Overdrive des Laney. Hier sind dann also auch die High-Gain Lead und Metal Varianten möglich. Die Aux-In und Kopfhörerbuchse sind leider etwas unpraktisch auf der Rückseite angeordnet und nur schlecht lesbar beschriftet.
Klang
Der Laney hat für mich einen lebendigeren und satteren Klang. Der Aufbau mit zwei 3″ Lautsprechern liefert in der engen Anordnung zwar keinen echten Stereo-Sound, scheint den Raum aber besser zu füllen als ein einzelner kleiner Lautsprecher. Der Grundklang ist ordentlich, recht satt und voll, woran vielleicht auch das recht massive Gehäuse seinen Anteil hat. Der Tone Regler kann die Höhen sehr gut einstellen, einen schlanke Bassbereich bekommt man aber nicht – der wäre aber ohnehin eher etwas für High-Gain, welches der Laney ja leider nicht bieten kann.
Der Katana klingt leider ein wenig so, wie er sich anfühlt: etwas billig, Plastik und hohl. Dabei ist der Klang an sich nicht schlecht, der Regel-Bereich von Clean bis High-Gain ist sehr groß und auch die Klangregelung funktioniert gut. Bei höheren Mitten kommen aber die Schwächen des Gehäuses zutage. Man kann sich an den Klang gewöhnen und damit durchaus Spielen, aber begeistern tut er mich leider nicht.
Fazit
Hätte Boss den Katana Mini ähnlich wie Laney den Mini-St-Iron gebaut (in einem soliden Gehäuse mit schönen Reglern und zwei Lautsprechern) oder Laney beim Mini-St-Iron eine zusätzliche Gainstufe und umfangreichere Klangregelung spendiert – vermutlich wären das genau die Miniverstärker, auf die ich gehofft hatte. Leider gibt es nur die beiden getesteten Varianten: Laney Mini-St-Iron mit guter Qualität aber (für mich) zu wenig Gain und schwacher Tonregelung. Boss Katana Mini mit ausreichenden Möglichkeiten aber billiger Haptik und etwas hohlem Sound. Keiner von beiden konnte mich ausreichend überzeugen, um bei mir zu bleiben.
Eine Klasse höher, ab 160,- EUR gibt es größere Verstärker die deutlich besser klingen, wie z.B. den Vox VT20X, Boss Katana 50, Blackstar ID:15 TVP und wenn es mit Batterien sein soll die Yamaha THR-Serie. Meine Empfehlung ist es daher lieber etwas mehr auszugeben.