In den letzten Monaten habe ich nach einem kleinen Modellingverstärker in der 200,- bis 300,- Euro Klasse für Zuhause gesucht.
Im Proberaum meiner Band steht mein 30W Röhrentop mit 2×12” Box. Im Keller habe ich meinen 15W 1×12” Röhrencombo. Der ist mit knapp 16 Kilo plus Pedalboard aber auch schon nicht mehr so portabel wie ich es gerne hätte. Also wünschte ich mir einen kleinen, leichten Verstärker mit Reverb und gerne auch ein paar Effekten für gelegentliches Spielen im Wohnzimmer bei eher geringer Lautstärke. Natürlich ist da ein Modelling-Combo die erste Idee. Mit USB-Anschluss kann ich damit auch gelegentlich ganz einfach die Gitarre aufnehmen ohne mich um Mikrofon und Interface kümmern zu müssen – und leise ist das dann auch. Also habe ich in der letzten Zeit viele verschiedene Modelle angespielt und getestet.
Leider waren die meisten Tests sehr ernüchternd, wenn man von einem Röhrenverstärker verwöhnt ist. Der Klang leidet oft unter dem typischen Modelling-Problem: Es klingt eher wie aufgenommen und über eine HiFi-Anlage abgespielt als nach einem Live gespielten Gitarrenverstärker. Ein Röhrenverstärker hat da eine andere Lebendigkeit, die für mich einen deutlichen Unterschied bei der Spielfreude macht. In aufgenommenen Tonbeispielen und Youtube-Videos hört man das nicht, aber wenn man die Gitarre selbst in der Hand hat und neben dem Verstärker steht, reagiert dieser einfach anders auf das eigene Spiel. Positive Ausnahmen habe ich nur zwei gefunden, die Blackstar ID:TVP und Vox VT-X Serien.
Empfehlenswert
Blackstar ID:15 TVP / ID:30 TVP
Die Blackstar ID TVP Serie konnte mich im Vergleich am meisten überzeugen. Der Sound und das Spielgefühl sind gut, wenn die True Valve Power Funktion aktiv ist. Kein anderer Modelling-Verstärker in diesem Preisbereich konnte für mich da mithalten. Das Baukasten-Prinzip könnte für Einsteiger etwas schwierig sein, wer sich aber mit Verstärkern auskennt, kann hier seine Lieblinge nachbauen und auch modifizieren. Mehr zum Blackstar ID:15 TVP gibt es in meinem Testbericht.
VOX VT20X / VT40X
Die VOX VTX Serie ist sehr vielseitig: Es gibt 11 Verstärkermodelle und von Clean über Crunch und Overdrive bis Metal ist alles machbar. Und es klingt erstaunlich gut. Obwohl der VT20X nur einen 8” Speaker hat, klingt er weder flach noch bassarm, nahe dran an einen ordentlichen 1×12” Combo. Für die Klasse ein wirklich guter Sound. Mit den leuchtenden Gummiknöpfen ist hingegen die Bedienung etwas ernüchternd. Außerdem ist der Griff außermittig, sodass er beim Tragen komisch schief hängt und dann hat er auch noch ein externes Netzteil, was ich auch nicht so gut finde wie einen normalen Kaltgerätestecker. Angesichts des günstigen Preises und des geringen Gewichts kann man gut zum etwas größeren VT40X mit 10” Lautsprecher greifen.
Teilweise Empfehlenswert
BOSS Katana 50 / 100
Als die Boss Katana Serie auf den Markt kam, gab es große Begeisterung dafür und auch ich war mir eine Zeit lang sicher, dass dies mein nächster Verstärker werden würde. Dann aber habe ich ihn getestet und konnte den Hype nicht nachvollziehen. Klar, die Katana klingen gut und auch (wie ich es mag) eher hell. Die Auswahl der Modelle (Clean, Crunch, Lead, Brown) ist im Vergleich zu den anderen Verstärkern nicht besonders groß aber sinnvoll. Es lassen sich alle Genre abdecken und die Bedienung am Gerät ist einfach. Mit der Software für den PC lassen sich dann noch viel mehr Sachen einstellen, das ist gut und Boss legt auch in Firmware Updates immer wieder neue Sachen nach. Was mir bei den Katana fehlt, ist die schon oben angesprochene Lebendigkeit einer Röhre. Die richtige Spielfreude will für mich nicht aufkommen.
Fender Mustang GT 40 / GT 100
Die Fender Mustang Serie hat als einzige in diesem Testfeld ein kleines Farbdisplay. Damit kann man die in den Presets gemachten Einstellungen gut erkennen, was sehr praktisch ist. Wie von Fender zu erwarten gibt es beim Mustang GT gute Clean-Modelle und auch beim Crunch konnte ich für mich etwas passendes finden. Zum Thema Metal gibt es nur ein Modell und das war nicht besonders aber immerhin brauchbar. Insgesamt klingt der kleine Mustang GT 40 mit den zwei 6,5” Lautsprechern aber ein wenig dumpf, zu bassig und leblos. Mit dem großem 12” Lautsprecher im GT 100 klingt der Mustang besser, etwas lebendiger. Trotzdem klingen beide immer noch deutlich nach Modelling, vor allem bei den Overdrive-Sound fehlt es mir da an Spielfreude und höhere Gain-Modelle sind nicht seine Stärke.
Fender Champion 50XL
Der Champion 50XL hat 6 Clean/Crunch-Modelle die recht gut klingen und auch die Effekte sind brauchbar. Von den 6 Overdrive-Sounds sind für mich aber nur ein bis zwei eingeschränkt brauchbar. Insgesamt ist da deutlich zu viel Bass. Selbst ganz raus gedreht war es mir immer noch zu viel. Auch der Champion leidet an dem etwas leblosen Modelling, vor allem beim Overdrive. Im Gegensatz zu den anderen Verstärkern gibt es hier auch keinen USB-Anschluss, sodass man nicht am Computer weitere Einstellungen machen oder die Gitarre leicht aufnehmen kann. Mehr zum Fender Champion 50XL gibt es in meinem Testbericht.
Nicht Empfehlenswert
Marshall Code 25 / 50
Mein erstes Problem mit dem Code 25 ist die schlechte Bedienung direkt Verstärker. Das Display ist so klein, dass bereits der Name der 99 Presets oder des Amp-Modells nur nach Warten auf das Autoscroll zu lesen ist. Besser ist es mit der recht schicken Smartphone App. Oder man greift zum größeren Code 50 der ein etwas größeres Display hat, aber immer noch Monochrome. Vom Klang her konnte mich diese Serie gar nicht überzeugen, es klang topfig und leblos. Und das selbst beim JCM 800 Preset, einem Klassiker aus dem eigenen Haus, den man da doch perfekt kennen sollte. Marshall landet damit für mich in diesem Vergleich auf dem letzten Platz. Während die anderen Verstärker durchaus in dem einen oder anderen Bereich überzeugen konnten, sehe ich bei Code Serie leider nichts, weswegen man sie kaufen sollte.
Die Klangeigenschaften der Amps sind sehr gut erklärt.
Danke…