Vox Adio Air GT vs. Yamaha THR 10 – Vergleichstest

Yamahas THR Serie wurde 2012 vorgestellt und ist seitdem der erfolgreiche Benchmark für kleine Übungsverstärker mit der Möglichkeit von Batteriebetrieb. Neben den THR10 gibt es noch den THR5, THR10C und THR10X. Vox hat 2017 den Adio Air GT vorgestellt und damit einen direkten Konkurrenten gebaut. Da ich noch immer einen neuen Batterieverstärker brauche und die kleineren Modelle bereits ausgeschieden sind, habe ich nun Yamaha THR 10 und Vox Adio Air GT getestet und miteinander verglichen.

Vox Adio Air GT und Yamaha THR 10

Ausstattung und Bedienung

Man sieht deutlich, was Vox als Vorbild genommen hat. Der Vox Adio Air GT ist dem Yamaha THR 10 sehr ähnlich. Beide haben ungefähr die gleiche Form, zwei 3” Lautsprecher und die gleichen Regler: Amp-Modell, Gain, Bass, Middle, Treble, Volume, Modulation-FX, Delay/Reverb, Instrument-Level und Audio-Level (Aux-In), nur die Reihenfolge der Tonregelung und Volume ist bei Vox etwas anders. Von der Bedienung sind sie daher fast gleich, lediglich die Potiknöpfe sind beim Yamaha etwas besser ablesbar.

Yamaha THR 10

Im Detail gibt es dann doch noch ein paar Unterschiede. So hat der Vox 10 Amp-Modelle und einen Flat-Modus, der Yamaha hingegen nur 5 Amp-Modelle und Flat, Acoustic und Bass. Außerdem bietet der Vox neben einer Aux-In Klinkenbuchse auch die Wiedergabe von Audio per Bluetooth. Die Koppelung mit meinem Android Smartphone klappt sofort. Es ist schon praktisch, auf ein Kabel verzichten zu können – hier merkt man, dass der Vox etwas neuer ist. Auch bei den Presets für eigene Einstellungen hat er mit zwei Bänken zu je 4 Presets die Nase vor dem Yamaha mit nur 5 Presets. Wenn ein Preset ausgewählt wurde, sieht man beim Yamaha, welches Amp-Modell verwendet wird, die Positionen der anderen Regler haben so lange keine Bedeutung, bis man sie bewegt. Beim Vox gibt es keine LEDs für die Amp-Modelle, der Rest verhält sich gleich. Hier kann man aber die Presets durch ein langes Drücken der Bank Taste verlassen und dann gelten wieder alle Regler in ihrer aktuelle Stellung auf dem Panel, das ist praktisch. Beim Yamaha bekommt man das nur durch aus- und anschalten hin.

Vox Adio Air GT

Während die Verstärker Einstellungen mit den üblichen Knöpfen einfach und gut funktionieren, sind die Effekte etwas fummelig. Da sich jeweils vier einen Drehknopf teilen, ist der Weg bei jedem Effekt sehr klein: Der Modulationsregler beinhaltet Chorus, Flanger, Phase und Tremolo, der Delay/Reverb Regler bietet Delay, Delay+Reverb, Spring-Reverb, Hall-Reverb. Der Übergang der Effekte ist dabei auch fließend, aus Chorus in Maximalstellung wird bei ein wenig Weiterdrehen plötzlich Flanger in Minimalstellung. Ein Schalter für den Effekte getrennt vom Regler wäre mir da lieber. Und generell ist ein Parameter für manche Effekte etwas wenig, man schaue sich nur die entsprechenden Effektpedale mit drei oder vier Reglern an. Daher sind die Effekte für mich generell zu stark, subtile Effekte lassen sich kaum einstellen – beim Yamaha gelingt dies immerhin etwas besser als beim Vox. Nun brauche ich ohnehin wenig Effekte, aber ein subtilerer Chorus oder ein Room-Reverb wären für mich schön gewesen. Es gibt dann aber doch eine Möglichkeit, wenn man die kleinen Verstärker an den PC anschließt – mehr dazu später im Abschnitt Software.

Die Batteriefächer sind auch ähnlich, beim Vox ist es aber etwas besser zugänglich und mit einer besser bedienbaren Abdeckung. Schade finde ich, dass man bei beiden acht Mignon Akkus benötigt, die man dann immer wieder zum Laden rausnehmen oder wechseln muss. Jede günstige Bluetooth Boombox hat heute einen eingebauten Li-Ionen Akku, der über USB geladen werden kann. Warum nicht diese kleinen Gitarrenverstärker? Im Idealfall könnte eine kleine Dockingstation dabei sein, die den Akku automatisch auflädt, wenn der Verstärker an seinem Standardplatz steht. Tragen lässt sich der Yamaha mit seinem Metallbügel besser als der Vox, der nur eine kleine Griffmulde im Plastik der Rückseite bietet.

Beim Design gehen die beiden dann unterschiedliche Wege. Der Yamaha wirkt sehr retro, technisch, aus Blech mit Schlitzen durch die bei Betrieb ein rotes Licht leuchtet, das wohl an Röhrenverstärker erinnern soll. Die beige Farbe ist allerdings weniger mein Fall. Vox versucht den kleinen Adio eher luxuriös wirken zu lassen mit der bestickten Frontbespannung, goldener Leiste und großem goldenen Vox Logo. Das wirkt zunächst etwas protzig, passt dann aber doch recht gut in ein Wohnzimmer. Am Ende kann ich beiden Designs etwas abgewinnen.

Klang

Zu den fünf Amp-Modelle des Yamaha finden sich entsprechende Modell auch beim Vox, also ist der direkte Vergleich dieser Modelle ein guter Anfang.

  • Clean / Deluxe CL bieten einen warmen Clean-Sound in der Art eines Fender Deluxe und beide Modelle klingen in der Tat sehr ähnlich.
  • Crunch / AC30 TB haben als Vorbild den Treble Boost Kanal eine Vox AC30 und liefern dessen rockigen Sound.
  • Lead / Brit 1959 orientieren sich am Marshall 1959 Super Lead / Plexi und auch hier sind die beiden Verstärker nahe beieinander. Beide klingen wärmer und mit weniger Gain, als ich es bei einem Plexi erwartet hätte. Der Yamaha hat etwas mehr Gain und wäre daher eher meins.
  • Brit Hi / BRIT 800 sollen einen Marshall JCM 800 mit seinem Rocksound abbilden. Die beide Modelle sind sich klanglich sehr ähnlich aber der Yamaha bietet wesentlich mehr Gain bzw. Verzerrung, als ob hier auch noch ein Booster oder Overdrive Pedal mit im Modell wäre, so wie es in den 1980ern ja gerne für diesen Verstärker im Bereich Hard Rock genutzt wurde.
  • Modern / Double Rec sind dann die High Gain Modelle für Metal oder singende Leads orientiert am Mesa/Boogie Dual Rectifier. Hier klingt der Yamaha etwas mittiger, der Vox kommt satter daher und eignet sich damit besser für Metal Rhythmusgitarre.

Beim Klang hat der Vox für mich etwas die Nase vor dem Yamaha. Er klingt etwas lebendiger und dynamischer und er füllt den Raum mit seiner Wide-Schaltung besser aus. Der Yamaha macht seine Sache auch gut, man muss aber mehr aufpassen, dass er nicht wegen mangelnder Höhen etwas boxig wirkt. An einen guten Combo-Verstärker mit 12” oder auch nur 10” Lautsprecher kommen sie klanglich allerdings beide nicht ran. Und bei einen direkten Vergleich mit den Vorbildern der Modelle würden sie sicher auch nicht glänzen. Sie sind nicht für das Spielen in der Band gedacht sondern für das eher leise Üben zuhause oder auf Reisen. Und da ist der Klang bei geringen Lautstärken schon überzeugend.

Kommen wir zu den weiteren Modelle des Vox:

  • AC30 ist nur der normale Kanal des Verstärkers und ein weiteren schönen Clean-Ton.
  • BTQ CL soll einen Dumble nachempfunden sein und ist schon gar nicht mehr so clean.
  • BTQ OD ist noch ein Dumble und legt mit seiner etwas eigenwilligen Zerre schon richtig los.
  • Texas Lead ist einen Kombination auf einem Overdrive Pedal und einem Fender Verstärker und in der Tat für bluesige Solo Melodien gut geeignet.
  • Brit Verb bietet dann die Menge an Verzerrung, die mir beim Brit 800 gefehlt hat. Allerdings orientiert an einem Orange und daher mit einer etwas kratzigeren und im Bass fast schon fuzzigen Verzerrung.

Insgesamt decken diese fünf gemeinsamen Modelle ein gute Basis, die praktisch alle Musikrichtungen abdecken kann. Die weiteren Modelle des Vox sind auch eine gut Ergänzung, auch wenn ich mit den beiden BTQ eher weniger anfangen kann. Die Idee mit dem Overdrive Pedal beim Texas Lead Modell des Vox finde ich gut. Vielleicht könnte der nächst Vox da einen Schalter bieten, der für jedes Modell ein passendes Overdrive dazu schaltet, z.B. ein Treble Boost für den AC30TB, ein Fuzz für den 1959 und ein Tube Screamer für den Brit 800 oder Double Rec. Ich hätte mir noch ein weiteres High Gain Modell gewünscht. Damit sind wir beim Thema Software, denn was Vox einem da zusätzlich anbietet, ist schon beeindruckend.

Software

Den Vox Tone Room gibt es für Windows PC, Apple Mac, iOS und Android. Da Android 6 benötigt wird, konnte ich ihn nur unter Windows testen. Dort stehen dann 23 Verstärkermodelle zur Verfügung. Neben den 13 vom Gerät finden sich hier noch der zweite Kanal der Fender Deluxe, zwei Fender Tweed, der Normal Channel des Brit 1959 Plexi und die ganzen Modelle die ich eben noch vermisst hatte: Brit VM (Marshall JVM, etwas moderner und mit mehr Gain als der Brit 800), SL-OD (Soldano SLO-100, High Gain Lead Ton), Cali Elation (Bogner Ecstasy, High Gain der runtergeregelt in Richtung Hot Rodded / Boosted Plexi geht), Erupt III Ch2 und Ch3 (Overdrive und High Gain Channel des EVH 5150 III), Boutique Metal (Diezel VH4, noch einmal ein wuchtige High Gain Ton, der sich für tiefer gestimmten Metal Rhythmus anbietet). Daneben gibt es noch einen Original Clean (direkter Ton des Vox Valvetronic) und einen Acoustic Simulator. Da bleiben wirklich keine Wünsche mehr übrig. Auch Regler für Presence, Resonance und ein Mid Boost, Low Cut und teilweise Bright Schalter kommen dazu.

Vox Tone Room

Auch bei den Effekten gibt es mehr Auswahl, in Form von weiteren Varianten der Effekte: ein zusätzliche Chorus, ein weiterer Flanger, ein weiterer Tremolo und vier weitere Phaser. Bei Delay/Reverb kommt ein Tape Delay, Wide Delay und Cross Delay sowie Room und Plate Reverb dazu. Außerdem lassen sich die Effekte mit bis zu fünf Reglern feiner einstellen als am Gerät. Damit sind jetzt auch der von mir gewünschte dezente Chorus und Room Reverb möglich.

Mit diesen neuen Modellen lassen sich die 8 Speicherplätze belegen, sodass die eigenen Favoriten jederzeit am Gerät verfügbar sind. Sie lassen sich dann mit den Reglern der Gerätes nachjustieren. Für den Verstärker funktioniert das gut. Das Room Reverb kann ich am Gerät dann aber gar nicht nachjustieren, da der entsprechende Regler nur Hall kennt und sofort umschaltet – schade. Man kann mit der Software auch ganze Sätze von 8 Einstellungen in Dateien abspeichern und so für spätere Verwendung sichern. Super wäre, wenn man Modelle oder Effekte grundsätzlich ersetzen könnte: Cali Elation statt Brit 1959, Brit VM statt Brit 800, SL-OD statt Boutique OD, Boutique Metal statt Brit Verb und Room statt Spring Reverb – das wäre dann wohl mein Setup.

Yamaha THR Editor

Der Yamaha THR Editor bietet deutlich wenig. Neben den Einstellungen die es bereits am Gerät gibt, findet man zusätzlich nur 6 unterschiedliche Boxen (beim Vox sind die immer in den Modellen integriert), einen Kompressor, ein Noisegate, sowie Plate und Room Reverb. Und man kann auch hier die Effekte deutlich feiner einstelle – bis zu sechs Regler sind vorhanden. Die Nutzung ist so wie beim Vox, man kann die fünf Speicherplätze damit belegen, aber die am Gerät einstellbaren Effekte nicht ändern.

Üben auf dem Sofa

Fazit

Yamaha THR 10 und Vox Adio Air GT sind zwei überzeugende, kleine Modeling-Übungsverstärker die auch per Batterie betrieben werden können. Mit ihren gut klingenden Verstärkermodellen decken sie den Bereich von Clean bis High Gain ab und eignen sich somit für alle Musikrichtungen. Vom Aufbau und in der Bedienung sind die beiden praktisch gleich, der Vox hat mit doppelt so vielen Verstärkermodellen, der Tone Room Software und Bluetooth bei der Ausstattung aber deutlich die Nase vorne. Auch der Klang des Vox gefällt mir etwas besser, da er raumfüllender wirkt. Trotzdem klingt auch der Yamaha für seine Größe wirklich gut. Wer selber testen möchte, sollte sich evtl. auch die Spezialisten von Yamaha den THR10C mit Fokus auf Clean/Crunch und den THR10X für High Gain/Metal genauer anschauen.

Meine Empfehlung ist der Vox Adio Air GT, wenn es um einen vielseitigen, kleinen Übungsverstärker mit der Möglichkeit des Batteriebetriebs geht.

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